Pressemitteilung Nr. 16/19

Elternzeit - Kürzung von Urlaubsansprüchen

 

Der gesetzliche Urlaubsanspruch nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG besteht auch für den Zeitraum der Elternzeit, er kann jedoch vom Arbeitgeber nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG gekürzt werden. § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG steht im Einklang mit dem Unionsrecht.

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. Juni 2001 als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt. Sie befand sich ua. vom 1. Januar 2013 bis zum 15. Dezember 2015 durchgehend in Elternzeit. Mit Schreiben vom 23. März 2016 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 30. Juni 2016 und beantragte unter Einbeziehung der während der Elternzeit entstandenen Urlaubsansprüche, ihr für den Zeitraum der Kündigungsfrist Urlaub zu gewähren. Mit Schreiben vom 4. April 2016 erteilte die Beklagte der Klägerin vom 4. April bis zum 2. Mai 2016 Urlaub, die Gewährung des auf die Elternzeit entfallenden Urlaubs lehnte sie ab. Die Klägerin hat mit ihrer Klage zuletzt noch die Abgeltung von 89,5 Arbeitstagen Urlaub aus dem Zeitraum ihrer Elternzeit geltend gemacht.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Beklagte hat die Urlaubsansprüche der Klägerin aus den Jahren 2013 bis 2015 mit Schreiben vom 4. April 2016 wirksam gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel gekürzt.

Möchte der Arbeitgeber von seiner ihm durch § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG eingeräumten Befugnis Gebrauch machen, den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen, muss er eine darauf gerichtete empfangsbedürftige rechtsgeschäftliche Erklärung abgeben. Dazu ist es ausreichend, dass für den Arbeitnehmer erkennbar ist, dass der Arbeitgeber von der Kürzungsmöglichkeit Gebrauch machen will. Das Kürzungsrecht des Arbeitgebers erfasst auch den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien für diesen keine von § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG abweichende Regelung vereinbart haben.

Die Kürzung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs verstößt weder gegen Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) noch gegen § 5 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub im Anhang der Richtlinie 2010/18/EU. Das Unionsrecht verlangt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht, Arbeitnehmer, die wegen Elternzeit im Bezugszeitraum nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet waren, Arbeitnehmern gleichzustellen, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben (EuGH 4. Oktober 2018 - C-12/17 - [Dicu] Rn. 29 ff.).

 Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. März 2019 - 9 AZR 362/18 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 31. Januar 2018 - 5 Sa 625/17 -

Quellenanagabe: Pressemitteilung Nr. 16/19 des Bundesarbeitsgerichts vom 19.03.2019

BAG News mit Bezug zu Urlaubsansprüchen von der Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts

Pressemitteilung Nr. 28/19

Heimarbeit - Verdienstsicherung und Urlaubsabgeltung

 Ein Heimarbeiter kann nach Maßgabe des Heimarbeitsgesetzes (HAG) eine Sicherung seines Entgelts für die Dauer der Kündigungsfrist sowie Urlaubsabgeltung nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) verlangen.

Der Kläger erbrachte für die Beklagte regelmäßig Leistungen als selbstständiger Bauingenieur/Programmierer in Heimarbeit. Nachdem die Beklagte beschlossen hatte, ihr Unternehmen aufzulösen und zu liquidieren, wies sie dem Kläger seit Dezember 2013 keine Projekte mehr zu. Das Heimarbeitsverhältnis endete durch Kündigung der Beklagten mit Ablauf des 30. April 2016. Für diesen Zeitraum hat der Kläger von der Beklagten verlangt, ihm Vergütung iHv. 171.970,00 Euro brutto zu zahlen sowie 72 Werktage Urlaub iHv. 15.584,94 Euro brutto abzugelten.

Die Vorinstanzen haben der Klage teilweise stattgegeben. Soweit die Klage abgewiesen wurde, verlangt der Kläger mit der Revision die Zahlung weiterer 130.460,00 Euro brutto wegen Nichtausgabe von Heimarbeit sowie Urlaubs-abgeltung für das Jahr 2014 iHv. 4.091,71 Euro brutto sowie iHv. 5.194,83 Euro brutto für das Jahr 2015. Die Revision vor dem Neunten Senat des Bundes-arbeitsgerichts hatte nur hinsichtlich der begehrten Urlaubsabgeltung Erfolg.

Neben dem Entgelt, das die Beklagte für die Dauer der fiktiven Kündigungsfrist, während der sie keine Heimarbeit ausgab, schuldete, kann der Kläger keine weitere Vergütung verlangen. Ein Anspruch unter den Gesichtspunkten des Annahme-verzugs oder Schadensersatzes besteht nicht. Es fehlt an einer besonderen Absprache der Parteien, dem Kläger Projekte in einem bestimmten Umfang zuzuweisen. Heimarbeiter haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Ausgabe einer bestimmten Arbeitsmenge. Da sie aber regelmäßig auf Aufträge angewiesen sind, sehen die Bestimmungen des Heimarbeitsgesetzes zum Kündigungsschutz eine Entgeltsicherung vor. Kündigt der Auftraggeber das Heimarbeitsverhältnis, kann der Heimarbeiter gemäß § 29 Abs. 7 HAG für die Dauer der Kündigungsfrist Fortzahlung des Entgelts beanspruchen, das er im Durchschnitt der letzten 24 Wochen vor der Kündigung durch Heimarbeit erzielt hat. § 29 Abs. 8 HAG sichert das Entgelt, wenn der Auftraggeber nicht kündigt, jedoch die Arbeitsmenge, die er mindestens ein Jahr regelmäßig an einen Heimarbeiter ausgegeben hat, um mindestens ein Viertel verringert. Die Entgeltsicherung nach § 29 Abs. 7 und Abs. 8 HAG steht dem Heimarbeiter jedoch nur alternativ zu.

Die Höhe der bei Beendigung des Heimarbeitsverhältnisses geschuldeten Urlaubsabgeltung ist nach § 12 Nr. 1 BUrlG auf der Grundlage des Entgelts des Heimarbeiters in der Zeit vom 1. Mai des vergangenen bis zum 30. April des laufenden Jahres zu ermitteln. Für den Urlaub aus dem Jahr 2014 ist deshalb im Streitfall auf das Entgelt abzustellen, das der Kläger in der Zeit vom 1. Mai 2013 bis zum 30. April 2014 erzielt hat. Die hierfür erforderlichen Tatsachen wird das Landesarbeitsgericht nach der insoweit erfolgten Zurückverweisung der Sache aufzuklären haben. Für das Jahr 2015 steht dem Kläger Urlaubsabgeltung iHv. 1.103,12 Euro brutto zu.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. August 2019 - 9 AZR 41/19 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 15. November 2018
- 6 Sa 1225/17 - 

Quellenanagabe: Pressemitteilung Nr. 28/19 des Bundesarbeitsgerichts vom 10.08.2019