Die verhaltensbedingte Kündigung im Arbeitsrecht

Bei der verhaltensbedingten Kündigung geht es darum, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen einer Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, welche steuerbar gewesen und ihm vorzuwerfen sind, kündigt. Nach der Rechtsprechung müssen für eine verhaltensbedingte Kündigung die nachfolgenden Voraussetzungen gegeben sein:

 1. Erheblicher Pflichtenverstoß des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer muss seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag oder arbeitsvertragliche Nebenpflichten erheblich verletzt haben. Insoweit kommen viele Möglichkeiten von Pflichtenverstößen in Betracht, sei's z.B. die Arbeitsverweigerung, fehlerhafte Arbeit, Arbeitsbummelei oder gar Missachtung von konkreten Weisungen.

 2. Rechtswidrigkeit und Schuldhaftigkeit des Pflichtenverstoßes

Der Arbeitnehmer darf für den vorgeworfenen Pflichtenverstoß keinen Rechtfertigungsgrund haben und dieser muss schuldhaft, was auch (nur) fahrlässig sein kann, erfolgt sein. Nicht jeder Pflichtenverstoß ist für eine Kündigung relevant, da manchmal ein Rechtfertigungsgrund vorliegt oder dieser nicht schuldhaft erfolgt ist. Ein Beispiel hierfür wäre der verspätete Dienstantritt des Arbeitnehmers, welcher auf dem Weg zur Arbeit einen Verkehrsunfall erlitten hat oder als Unfallbeteiligter Hilfe vor Ort leistet. Rechtswidrig und schuldhaft ist zum Beispiel aber dieser Pflichtenverstoß, wenn der Arbeitnehmer, welcher verspätet zur Arbeit ankommt, nunmehr im Arbeitszeitnachweis angibt, dass er rechtzeitig am Arbeitsplatz gewesen sei, was ein Arbeitszeitbetrug darstellt.

 3. Kein milderes Mittel als die Kündigung

Bei der Kündigung handelt es sich um die stärkste Reaktion des Arbeitgebers auf einen Pflichtenverstoß. Je nachdem in welcher Art und Weise der Pflichtenverstoß vorliegt, ist jedoch die Kündigung als Reaktion hierauf nicht immer geeignet, da sie unverhältnismäßig sein kann. Die Kündigung selbst muss das letzte Mittel sein, um die Störung des Arbeitsverhältnisses zu beseitigen. Als milderes Mittel bei einem Pflichtenverstoß steht dem Arbeitnehmer z.B. die Abmahnung der Pflichtverletzung zur Verfügung, um auf das Verhalten des Arbeitnehmers für die Zukunft einzuwirken. Erst wenn auch dies nicht fruchtet oder der Arbeitnehmer unzweideutig zu erkennen gibt, dass er sein arbeitsrechtswidriges Verhalten in der Zukunft nicht einzustellen beabsichtigt, wäre eine Kündigung zulässig. Eine Kündigung wegen eines Pflichtenverstoßes ohne vorherige Abmahnung ist in der Regel nur möglich, wenn im konkreten Fall davon ausgegangen werden kann, dass durch eine Abmahnung keine Verbesserung des gestörten Arbeitsverhältnisses zu erwarten ist. Dies wird in der Rechtsprechung vor allem bei Pflichtenverstöße im Vertrauensbereich angenommen, zum Beispiel wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber bestielt/einen Diebstahl oder Betrug zum Nachteil des Arbeitgebers begeht.

4. Interessenabwägung der widerstreitenden Interessen

Letztendlich muss eine umfassende Interessenabwägung stattfinden, nämlich zwischen dem Interesse des Arbeitgebers an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Interesse des Arbeitnehmers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, welche zugunsten des Arbeitgebers im konkreten Fall für die Wirksamkeit der Kündigung ausfallen muss. Bei dieser Abwägung spielt insbesondere u.a. die Art und Weise des Pflichtenverstoßes, die Auswirkungen des Pflichtenverstoßes, die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers, sein Alter oder gar etwaige Unterhaltsverpflichtungen eine Rolle.

Als Rechtsanwalt in Oranienburg berate und vertrete ich Sie außergerichtlich, aber auch gerichtlich, wenn Sie eine verhaltensbedingte Kündigung bekommen haben oder als Arbeitgeber aussprechen wollen. Im Falle einer Kündigung sollte immer durch einen Rechtsanwalt geprüft werden, ob diese wirksam ist. Auch im Falle der verhaltensbedingten Kündigung können selbst wenn deren Voraussetzungen gegeben wären, andere Gründe vorliegen, welche einer Wirksamkeit der Kündigung entgegenstehen, wobei nach Erhalt der Kündigung nicht zu lange gewartet werden sollte, da im Falle der Unwirksamkeit der Kündigung dies gerichtlich geltend zu machen ist und hierbei die Klagefrist für eine Kündigungsschutzklage zwingend zu beachten/einzuhalten ist.

BAG News mit Bezug zur Kündigung von der Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts

Pressemitteilung Nr. 17/17

  Abgekürzte Kündigungsfrist in der Probezeit nur bei eindeutiger Vertragsgestaltung

Sieht der Arbeitsvertrag eine Probezeit von längstens sechs Monaten vor, kann das Arbeitsverhältnis gemäß § 622 Abs. 3 BGB ohne weitere Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Ist jedoch in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag in einer weiteren Klausel eine längere Kündigungsfrist festgelegt, ohne unmissverständlich deutlich zu machen, dass diese längere Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll, ist dies vom Arbeitnehmer regelmäßig dahin zu verstehen, dass der Arbeitgeber schon während der Probezeit nur mit der vereinbarten längeren Frist kündigen kann.

Der Kläger war ab April 2014 bei der Beklagten als Flugbegleiter beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag, den die Beklagte vorformuliert hatte, war in § 1 pauschal bestimmt, dass sich die Rechte und Pflichten der Parteien nach einem Manteltarifvertrag richten; dieser sah während der Probezeit besondere Kündigungsfristen vor. In § 3 des Arbeitsvertrags war unter der Überschrift „Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses“ vorgesehen, dass die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit gelten. In § 8 des Vertrags, der mit „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ überschrieben war, war ohne Bezugnahme auf § 1 oder § 3 des Vertrags festgelegt, dass eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende gelte. Am 5. September 2014 erhielt der Kläger eine Kündigung zum 20. September 2014. Er begehrt die Feststellung, das Arbeitsverhältnis habe erst mit Ablauf der in § 8 des Arbeitsvertrags vereinbarten Frist und damit zum 31. Oktober 2014 geendet. Aus dem Vertrag ergebe sich nicht, dass innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses eine kürzere Kündigungsfrist gelten solle.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Bestimmungen des von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrags sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher, regelmäßig nicht rechtskundiger Arbeitnehmer versteht. Aus Sicht eines solchen Arbeitnehmers lässt eine Vertragsgestaltung wie die im Arbeitsvertrag der Parteien nicht erkennen, dass dem Verweis auf den Manteltarifvertrag und der Vereinbarung einer Probezeit eine Bedeutung für Kündigungsfristen zukommt. Nach Wortlaut und Systematik des Vertrags ist vielmehr allein die Bestimmung einer sechswöchigen Kündigungsfrist maßgeblich. Diese Frist gilt auch für Kündigungen in der vereinbarten Probezeit.

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 23. März 2017 - 6 AZR 705/15 -

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil vom 7. Oktober 2015 - 7 Sa 495/15

Quellenangabe: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.03.2017