Der Verfall und die Verjährung von Urlaub und Urlaubsabgeltungsansprüchen

Wann verfällt Ihr Urlaub ?

Nach dem Bundesurlaubsgesetz muss der Jahresurlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr bis zum 31. Dezember (in natura) genommen werden, da er ansonsten verfällt. Eine Übertragung ins Folgejahr ist nur ausnahmsweise möglich, wenn dringende betriebliche Gründe (zum Beispiel großes Arbeitsaufkommen, hoher Krankenstand im Unternehmen) oder gar persönliche Gründe (zum Beispiel die Erkrankung des Arbeitnehmers, nicht Inanspruchnahme wegen Mutterschutz oder zum Beispiel Elternzeit) dies rechtfertigen, wobei in diesem Falle der Urlaub spätestens bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden muss.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Verfall von Urlaub (BAG, Urteil vom 19.02.2019, Akz.: 541/19) unter Berücksichtigung von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs EuGH (Urteile vom 06.11.2018, Akz.: C-684/16 sowie C-619/16) verfällt der Urlaub jedoch nur dann, wenn

  • der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im laufenden Urlaubsjahr auf den noch bestehenden Resturlaub hingewiesen hat,
  • er den Arbeitnehmer (zuvor) konkret aufgefordert hat, den noch bestehenden Urlaub im laufenden Urlaubsjahr zu nehmen und
  • der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ausdrücklich und eindeutig darauf hingewiesen hat, dass, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub nicht nimmt, dieser verfällt.

Im Ergebnis dessen kann demnach gesagt werden, dass das Initiativrecht für die Frage, ob der Urlaub verfällt, unter den vorgenannten Voraussetzungen beim Arbeitgeber liegt.

Verjährung von Urlaubsansprüchen

Zu beachten ist insoweit jedoch, dass Urlaubsansprüche auch der (Regel-) Verjährung unterliegen, welche jedoch nicht greifen soll, wenn der Arbeitgeber den oben genannten Aufklärungs- und Hinweispflichten nicht nachgekommen ist (BAG, Urteil vom 20.12.2023, Akz.: 9 AZR 266/20 unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, Urteil vom 22.09.2022, Akz.: C-120/21).

Eine von den gesetzlichen Regelungen abweichende vertragliche Vereinbarung ist im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder gar einer Betriebsvereinbarung möglich, jedoch nur unter Berücksichtigung der Regelungen in § 13 BUrlG (Bundesurlaubsgesetz), wonach bezüglich der Mindestdauer des Urlaubs und der Lohnfortzahlung während des Urlaubs keine abweichende Regelung zulasten des Arbeitnehmers getroffen werden kann, was im Streitfall durch einen Rechtsanwalt überprüft werden sollte.

Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen

Anders als die Verjährung von Urlaubsansprüchen verjähren die Urlaubsabgeltungsansprüche, also der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs in Geld (§ 7 Abs.4 BUrlG), in 3 Jahren nach dem Schluss des Kalenderjahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet, auch wenn der Arbeitgeber seinen oben genannten (Hinweis-) Pflichten nicht nachgekommen ist (Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts, Urteil vom 31. Januar 2023, Akz.: 9 AZR 456/20).

Verfall von Urlaub bei Krankheit

Soweit aufgrund der Krankheit des Arbeitnehmers der Urlaub im laufenden Kalenderjahr nicht genommen werden kann, ist dieser bis zum 31. März des Folgejahres zu nehmen, wobei bei Langzeiterkrankungen der Resturlaub bis zum 31. März des übernächsten Jahres zu nehmen ist, da dieser anderenfalls verfällt (BAG, Urteil vom 7.8.2012, Akz.: 9 AZR 353/10). Zu beachten ist insoweit, dass sich diese Rechtsprechung auf den gesetzlichen Mindesturlaub bezieht und daher ein vertraglich vereinbarter Zusatzurlaub verfallen kann, soweit hierzu eine konkrete Regelung im Arbeitsvertrag getroffen wurde.

 

Die Rechtsanwaltskanzlei Reichwald in Oranienburg berät Sie zu Ihrem Anspruch auf Urlaub, Urlaubsentgelt, Urlaubsgeld sowie zu der Frage, ob Ihr Urlaub verfallen oder gar verjährt ist.

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BAG News mit Bezug zu Urlaubsansprüchen von der Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts

Pressemitteilung Nr. 28/19

Heimarbeit - Verdienstsicherung und Urlaubsabgeltung

 Ein Heimarbeiter kann nach Maßgabe des Heimarbeitsgesetzes (HAG) eine Sicherung seines Entgelts für die Dauer der Kündigungsfrist sowie Urlaubsabgeltung nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) verlangen.

Der Kläger erbrachte für die Beklagte regelmäßig Leistungen als selbstständiger Bauingenieur/Programmierer in Heimarbeit. Nachdem die Beklagte beschlossen hatte, ihr Unternehmen aufzulösen und zu liquidieren, wies sie dem Kläger seit Dezember 2013 keine Projekte mehr zu. Das Heimarbeitsverhältnis endete durch Kündigung der Beklagten mit Ablauf des 30. April 2016. Für diesen Zeitraum hat der Kläger von der Beklagten verlangt, ihm Vergütung iHv. 171.970,00 Euro brutto zu zahlen sowie 72 Werktage Urlaub iHv. 15.584,94 Euro brutto abzugelten.

Die Vorinstanzen haben der Klage teilweise stattgegeben. Soweit die Klage abgewiesen wurde, verlangt der Kläger mit der Revision die Zahlung weiterer 130.460,00 Euro brutto wegen Nichtausgabe von Heimarbeit sowie Urlaubs-abgeltung für das Jahr 2014 iHv. 4.091,71 Euro brutto sowie iHv. 5.194,83 Euro brutto für das Jahr 2015. Die Revision vor dem Neunten Senat des Bundes-arbeitsgerichts hatte nur hinsichtlich der begehrten Urlaubsabgeltung Erfolg.

Neben dem Entgelt, das die Beklagte für die Dauer der fiktiven Kündigungsfrist, während der sie keine Heimarbeit ausgab, schuldete, kann der Kläger keine weitere Vergütung verlangen. Ein Anspruch unter den Gesichtspunkten des Annahme-verzugs oder Schadensersatzes besteht nicht. Es fehlt an einer besonderen Absprache der Parteien, dem Kläger Projekte in einem bestimmten Umfang zuzuweisen. Heimarbeiter haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Ausgabe einer bestimmten Arbeitsmenge. Da sie aber regelmäßig auf Aufträge angewiesen sind, sehen die Bestimmungen des Heimarbeitsgesetzes zum Kündigungsschutz eine Entgeltsicherung vor. Kündigt der Auftraggeber das Heimarbeitsverhältnis, kann der Heimarbeiter gemäß § 29 Abs. 7 HAG für die Dauer der Kündigungsfrist Fortzahlung des Entgelts beanspruchen, das er im Durchschnitt der letzten 24 Wochen vor der Kündigung durch Heimarbeit erzielt hat. § 29 Abs. 8 HAG sichert das Entgelt, wenn der Auftraggeber nicht kündigt, jedoch die Arbeitsmenge, die er mindestens ein Jahr regelmäßig an einen Heimarbeiter ausgegeben hat, um mindestens ein Viertel verringert. Die Entgeltsicherung nach § 29 Abs. 7 und Abs. 8 HAG steht dem Heimarbeiter jedoch nur alternativ zu.

Die Höhe der bei Beendigung des Heimarbeitsverhältnisses geschuldeten Urlaubsabgeltung ist nach § 12 Nr. 1 BUrlG auf der Grundlage des Entgelts des Heimarbeiters in der Zeit vom 1. Mai des vergangenen bis zum 30. April des laufenden Jahres zu ermitteln. Für den Urlaub aus dem Jahr 2014 ist deshalb im Streitfall auf das Entgelt abzustellen, das der Kläger in der Zeit vom 1. Mai 2013 bis zum 30. April 2014 erzielt hat. Die hierfür erforderlichen Tatsachen wird das Landesarbeitsgericht nach der insoweit erfolgten Zurückverweisung der Sache aufzuklären haben. Für das Jahr 2015 steht dem Kläger Urlaubsabgeltung iHv. 1.103,12 Euro brutto zu.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. August 2019 - 9 AZR 41/19 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 15. November 2018
- 6 Sa 1225/17 - 

Quellenanagabe: Pressemitteilung Nr. 28/19 des Bundesarbeitsgerichts vom 10.08.2019