Die betriebsbedingte Kündigung im Arbeitsrecht

Die betriebsbedingte Kündigung stützt sich auf dringende betriebliche Erfordernisse, die den Abbau von Arbeitnehmern des Unternehmens notwendig machen, wobei für dessen Wirksamkeit mehrere Voraussetzungen erfüllt sein müssen und zu berücksichtigen ist, dass wenn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht zur Anwendung gelangt, eine Kündigung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen möglich ist, soweit nicht andere rechtliche Gründe der Wirksamkeit einer dahingehenden Kündigung entgegenstehen. Die zu prüfenden Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung, welche von einem Rechtsanwalt im Arbeitsrecht erfolgen solle,  sind:

1. Vorliegen einer unternehmerischen Entscheidung oder außerbetriebliche Ursachen

Der Beschäftigungsbedarf an Arbeitnehmern muss aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung (sogenannte innerbetriebliche Ursachen) weggefallen sein. Hintergrund dessen sind in den meisten Fällen u.a. wirtschaftliche oder und technische Erwägungen als Motiv von dahingehenden unternehmerischen Entscheidungen, welche Betriebsschließungen (zum Beispiel infolge einer Insolvenz), bei Maßnahmen der Umstrukturierungen innerhalb des Betriebes oder gar die Auslagerung von Teilen des Unternehmens betreffen. Gründe für einen Stellenabbau und deren unternehmerische Entscheidung zur Reduzierung des Beschäftigungsbedarfs können aber auch außerbetrieblichen Ursachen haben, nämlich zum Beispiel einen Auftragsrückgang oder Umsatzeinbußen. Im Kündigungsschutzprozess (Kündigungsschutzklage) muss der Arbeitgeber konkret die Unternehmensentscheidung und den Wegfall des Arbeitsbedarfes des zu kündigenden Arbeitnehmers darlegen. Dies umfasst zum Beispiel bei Personaleinsparungen auch die konkrete für betriebsfremde verständliche Darlegung, wie die umstrukturierte Arbeitsverteilung auf die (verbleibenden) Arbeitnehmer künftig erfolgt. Ob die Entscheidung des Arbeitgebers betriebswirtschaftlich vernünftig oder gar sinnvoll ist, unterliegt nicht der gerichtlichen Überprüfung. Es ist daher dem Arbeitgeber grundsätzlich überlassen, auch einen wirtschaftlich gut arbeitenden Betrieb durch zum Beispiel Verkleinerung umzustrukturieren oder gar gewisse Arbeiten des Betriebes einzustellen und/oder Fremdfirmen hierfür in Anspruch zu nehmen.

2. Keine andere Möglichkeit der Weiterbeschäftigung

Es darf keine andere Möglichkeit der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einen anderen der Qualifikation und Fähigkeiten entsprechenden freien Arbeitsplatz zum Zeitpunkt der Kündigung oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist im Betrieb mehr geben und der Arbeitgeber muss im Rahmen seines Weisungsrechts berechtigt sein, den Arbeitnehmer umzusetzen, was zum Beispiel nicht möglich wäre, wenn aufgrund der Regelung im Arbeitsvertrag dies ausgeschlossen ist und erst eine Änderung des Arbeitsvertrages die Umsetzung ermöglichen würde. Auch wenn kein freier Arbeitsplatz existiert, kann die Kündigung unwirksam sein, nämlich dann, wenn gemäß § 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG „... die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat“.

3. Die Interessenabwägung bei der betriebsbedingten Kündigung

Bei der im Rahmen der betriebsbedingten Kündigung vorzunehmenden Interessenabwägung wird geprüft, ob bei Abwägung der Interessen des Arbeitgebers an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Interesse des Arbeitnehmers an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung überwiegt. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass wenn aufgrund der betrieblichen Entscheidung des Arbeitgebers der Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers wegfällt und keine andere Möglichkeit der Weiterbeschäftigung mehr besteht, die Interessenabwägung keine große Bedeutung mehr hat.

4. Die Sozialauswahl bei der betriebsbedingten Kündigung (§ 1 Abs. 3 KSchG)

Wenn das Kündigungsschutzgesetz anzuwenden ist, muss der Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten Kündigung eine Sozialauswahl durchführen, soweit er nicht den gesamten Betrieb oder das Unternehmen schließt. Es geht letztendlich darum, dass jeder Arbeitnehmer sich die Frage stellt, warum gerade ich und nicht ein anderer Kollege gekündigt wurde. Bei der Sozialauswahl wird eine Abwägung zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern eines Betriebes vorgenommen, welche von dem geplanten Stellenabbau erfasst werden. Hierbei gelten die Arbeitnehmer als vergleichbar, welche aufgrund ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten sowie ihrer Stellung im Betrieb ähnliche Tätigkeiten übernehmen können, wie der gekündigte Arbeitnehmer. Im zweiten Schritt wird sich sodann gefragt, welcher Arbeitnehmer sozial am schutzwürdigsten ist bzw. für welchen Arbeitnehmer die Kündigung die geringsten sozialen Auswirkungen hätte. Hierbei werden soziale Gesichtspunkte, wie die Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, etwaige Behinderungen oder zum Beispiel Unterhaltspflichten herangezogen, welche der Arbeitgeber auf Anfrage des gekündigten Arbeitnehmers, spätestens im Gerichtsprozess, offenzulegen hat. Das Kündigungsschutzgesetz regelt dies umfassend in § 1 Abs. 3-5 KSchG, nämlich wie folgt:

„(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.“

In der Praxis wird bei der Sozialauswahl unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte ein Punktesystem angewandt, nämlich dahingehend, dass jedem sozialen Gesichtspunkt zum Beispiel Lebensjahr, Betriebszugehörigkeit, unterhaltsberechtigte Angehörige oder gar Grad der Behinderung eine gewisse Punkteanzahl zugeordnet wird, sodass derjenige Arbeitnehmer mit den wenigsten Punkten am wenigsten schutzbedürftig ist und gekündigt werden müsste.

Im Falle des Erhalts einer betriebsbedingte Kündigung sollten Sie eine Beratung bei einem Rechtsanwalt in Anspruch nehmen, im Rahmen dessen auch andere Gesichtspunkte zu prüfen sind, da selbst wenn die Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung vorlegen, diese unwirksam sein kann, weil andere zusätzliche Voraussetzungen im konkreten Fall nicht gegeben sind, wie zum Beispiel im Falle des Bestehens eines Betriebsrates dessen voriger Anhörung zu der konkreten Kündigung. Als Rechtsanwalt in Oranienburg vertrete ich Sie im Arbeitsrecht, sei außergericht oder gar gerichtlich.

BAG News mit Bezug zur Kündigung von der Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts

Pressemitteilung Nr. 48/17

 

Unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers aufgrund einer Verlängerung seiner Kündigungsfrist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Wird die gesetzliche Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erheblich verlängert, kann darin auch dann eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben im Sinn von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegen, wenn die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber in gleicher Weise verlängert wird.

Die klagende Arbeitgeberin beschäftigte den beklagten Arbeitnehmer in ihrer Leipziger Niederlassung seit Dezember 2009 als Speditionskaufmann in einer 45-Stunden-Woche gegen eine Vergütung von 1.400,00 Euro brutto. Im Juni 2012 unterzeichneten die Parteien eine Zusatzvereinbarung. Sie sah vor, dass sich die gesetzliche Kündigungsfrist für beide Seiten auf drei Jahre zum Monatsende verlängerte, und hob das monatliche Bruttogehalt auf 2.400,00 Euro an, ab einem monatlichen Reinerlös von 20.000,00 Euro auf 2.800,00 Euro. Das Entgelt sollte bis zum 30. Mai 2015 nicht erhöht werden und bei einer späteren Neufestsetzung wieder mindestens zwei Jahre unverändert bleiben. Nachdem ein Kollege des Beklagten festgestellt hatte, dass auf den Computern der Niederlassung im Hintergrund das zur Überwachung des Arbeitsverhaltens geeignete Programm „PC Agent“ installiert war, kündigten der Beklagte und weitere fünf Arbeitnehmer am 27. Dezember 2014 ihre Arbeitsverhältnisse zum 31. Januar 2015. Die Klägerin will festgestellt wissen, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten bis zum 31. Dezember 2017 fortbesteht.

Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Verlängerung der Kündigungsfrist benachteiligt den Beklagten im Einzelfall entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Sie ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Bei einer vom Arbeitgeber vorformulierten Kündigungsfrist, die die Grenzen des § 622 Abs. 6 BGB und des § 15 Abs. 4 TzBfG einhält, aber wesentlich länger ist als die gesetzliche Regelfrist des § 622 Abs. 1 BGB, ist nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Beachtung von Art. 12 Abs. 1 GG zu prüfen, ob die verlängerte Frist eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit darstellt. Das Landesarbeitsgericht hat hier ohne Rechtsfehler eine solche unausgewogene Gestaltung trotz der beiderseitigen Verlängerung der Kündigungsfrist bejaht. Der Nachteil für den Beklagten wurde nicht durch die vorgesehene Gehaltserhöhung aufgewogen, zumal die Zusatzvereinbarung das Vergütungsniveau langfristig einfror.

 Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 26. Oktober 2017 - 6 AZR 158/16 -

Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil vom 19. Januar 2016 - 3 Sa 406/15 - 

Quellenanagabe: Pressemitteilung Nr. 48/17 des Bundesarbeitsgerichts vom 26.10.2017