Wieviel Urlaub muß der Arbeitgeber Ihnen geben?

Das ein Arbeitnehmer nicht ohne Urlaub mit voller Kraft das ganze Jahr arbeiten kann, sondern vielmehr zur Erhaltung seiner Leistungsfähigkeit auch einmal Erholung braucht, versteht sich von selbst, wobei als Grundsatz gilt, dass der Urlaub durch die erbrachte Arbeitsleistung verdient worden ist und daher auch vom Arbeitgeber während der Urlaubszeit die vereinbarte Vergütung zu zahlen ist. Ausschlaggebend für die Höhe des Urlaubs im Arbeitsrecht, beziehungsweise der zu gewährenden freien Arbeitstage, ist vordergründig die (individuelle) vertragliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder gar auf Ihr Arbeitsverhältnis anzuwendende tariflichen oder anderweitige Regelungen, wobei durch den Gesetzgeber im Bundesurlaubsgesetz u.a. ein Mindesurlaubsanspruch geregelt wurde.

Nach dem Bundesurlaubsgesetz hat der Arbeitnehmer im Kalenderjahr einen gesetzlich garantierten Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub von (mindestens) 24 Werktagen pro Kalenderjahr. Da das Bundesurlaubsgesetz noch von einer 6-Tage-Arbeitswoche ausgeht, ergeben sich unter Zugrundelegung der konkret vereinbarten Arbeitstage mit Ihrem Arbeitgeber folgende Besonderheiten:

Bei einer 5-Tage-Woche, beträgt der gesetzliche Urlaub 20 Arbeitstage,
bei einer 4-Tage-Woche demnach 16 Arbeitstage,
bei einer 3-Tage-Woche 12 Arbeitstage,
bei einer 2-Tage-Woche 8 Arbeitstage und
bei einer 1-Tage-Woche 6 Arbeitstage.

Dieser gesetzliche Mindesturlaubsanspruch kann nicht wirksam zu Ihren Lasten durch etwaige vertragliche Vereinbarungen unterschritten werden, wobei jedoch selbstverständlich eine Vereinbarung eines höheren Urlaubsanspruches zu Ihren Gunsten möglich ist. Nach dem Bundesurlaubsgesetz besteht ein voller Urlaubsanspruch nach einer Wartezeit von 6 Monaten, wobei vor dieser Wartezeit kein Urlaub (-sanspruch), auch nicht anteilig, genommen werden kann. Kann der Arbeitnehmer in dem Kalenderjahr seine Wartezeit nicht erfüllen, besteht ein Anspruch auf anteiligen Urlaub in Höhe von 1/12 für jeden vollen Monat, in dem das Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Wann ist Ihnen der Urlaub zu gewähren ?

Zu welchem Zeitpunkt der Arbeitnehmer den Urlaub in Anspruch nehmen kann, hängt grundsätzlich von der zeitlichen Festlegung des Arbeitgebers ab, welcher hierbei jedoch die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen hat, wobei dringende betriebliche Belange oder andere sich mit anderen Arbeitnehmern überschneidende Urlaubswünsche dem zeitlichen Urlaubswunsch entgegenstehen kann. Im letzteren Fall ist durch den Arbeitgeber eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten zu treffen. Lehnt der Arbeitgeber den Urlaubswunsch des Arbeitnehmers ab, so muss im Streitfall dieser vor einem etwaigen Antritt seines beabsichtigten Urlaubs den Weg über das Arbeitsgericht gehen, um seinen dahingehenden Anspruch durchzusetzen. Nimmt der Arbeitnehmer seinen Urlaub ohne Einwilligung des Arbeitgebers einfach eigenwillig, riskiert er eine fristlose Kündigung seines Arbeitsverhältnisses.

Wann verfällt Ihr Urlaub ?

Der Urlaub kann in der Regel immer nur in dem Kalenderjahr, in dem er entstanden ist, genommen werden und ist Ihnen vom Arbeitgeber demnach im laufenden Kalenderjahr zu gewähren. Nimmt der Arbeitnehmer seinen Urlaub nicht bis zum 31. Dezember eines Jahres, verfällt dieser ersatzlos. Ausnahmsweise kann der Urlaubsanspruch in das das folgende Jahr bis zum 31. März übertragen werden, wenn dringende betriebliche Gründe (Personalmangel oder ein besonders hoher Arbeitsanfall) oder Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen (längere Krankheit) die Übertragung ausnahmsweise rechtfertigen. Näheres hierzu finden Sie unter: "Verfall und Verjährung von Urlaub"

Wann haben Sie einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung?

Da der Urlaub grundsätzlich in natura zu nehmen ist, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Bezahlung eines nicht in Anspruch genommenen Urlaubs. Ausnahmsweise kann ein solcher Anspruch bestehen,wenn der Arbeitnehmer vor Ablauf der Wartezeit von 6 Monaten oder nach Ablauf dieser Wartezeit in der 1. Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. In diesem Fall hat er ausnahmsweise einen Anspruch auf Abgeltung seines ihn nicht mehr vom Arbeitgeber zu gewährenden Urlaubs, deren Inanspruchnahme (in natura) aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unmöglich geworden ist. Scheidet der Arbeitnehmer vor Ablauf der Wartezeit aus, besteht lediglich ein anteiliger Anspruch auf Abgeltung, wobei nach Ablauf der Wartezeit der volle Urlaub vom Arbeitgeber abzugelten ist. Hat der Arbeitnehmer bereits zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis mehr Urlaub in Anspruch genommen, besteht kein Anspruch des Arbeitgebers auf Rückzahlung der hierfür gezahlten (fortlaufenden) Vergütung. Im Letzteren Fall hat der Arbeitnehmer auf Verlangen dem (neuen) Arbeitgeber seinen bereits tatsächlich genommenen oder durch Zahlung abgegoltenen Urlaub mitzuteilen, da dieser ansonsten die Gewährung von Urlaub verweigern kann.

Bei etwaigen Streitigkeiten im Arbeitrecht über den Urlaub, sollte fachkundiger Rat durch einen Anwalt in Anspruch genommen werden, da insbesondere aufgrund der vielfältigen Sondervorschriften zum Beispiel in tariflichen Regelungen oder gar nach dem Schwerbehindertengesetz Besonderheiten im Arbeitsrecht gelten, welche im konkreten Fall zu berücksichtigen sind und meistens zu Ihren Gunsten eingreifen.

BAG News mit Bezug zu Urlaubsansprüchen von der Pressestelle des Bundesarbeitsgerichts

Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis

Endet das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers, haben dessen Erben nach § 1922 Abs. 1 BGB iVm. § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) Anspruch auf Abgeltung des von dem Erblasser nicht genommenen Urlaubs.

Die Klägerin ist Alleinerbin ihres am 20. Dezember 2010 verstorbenen Ehemanns (Erblasser), dessen Arbeitsverhältnis mit der Beklagten durch seinen Tod endete. Nach § 26 des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) standen dem Erblasser in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage Urlaub zu. Der Erblasser wurde mit Wirkung vom 18. August 2010 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Er hatte danach gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB IX aF für das Jahr 2010 Anspruch auf anteiligen Zusatzurlaub von zwei Arbeitstagen. Die Klägerin verlangt die Abgeltung des Resturlaubs von insgesamt 25 Arbeitstagen, der ihrem verstorbenen Ehemann zum Zeitpunkt seines Todes für das Jahr 2010 noch zustand.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Beklagte hat den nicht gewährten Urlaub des Erblassers mit einem Betrag iHv. 5.857,75 Euro brutto abzugelten.

Urlaub, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden kann, ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. Die nach dem europäischen Unionsrecht gebotene Auslegung von §§ 1, 7 Abs. 4 BUrlG ergibt, dass der Resturlaub auch dann abzugelten ist, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass der durch Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) gewährleistete Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis untergehen darf, ohne dass ein Anspruch auf finanzielle Vergütung für diesen Urlaub besteht, der im Wege der Erbfolge auf den Rechtsnachfolger des Arbeitnehmers überzugehen hat (EuGH 6. November 2018 - C-569/16 und C-570/16 - [Bauer und Willmeroth]). Daraus folgt für die richtlinienkonforme Auslegung von §§ 1, 7 Abs. 4 BUrlG, dass die Vergütungskomponente des Anspruchs auf den vor dem Tod nicht mehr genommenen Jahresurlaub als Bestandteil des Vermögens Teil der Erbmasse wird. Der Abgeltungsanspruch der Erben umfasst dabei nicht nur den Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG von 24 Werktagen, sondern auch den Anspruch auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX aF sowie den Anspruch auf Urlaub nach § 26 TVöD, der den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigt. Dem TVöD lässt sich nicht entnehmen, dass dem Erben das Verfallrisiko für den tariflichen Mehrurlaub bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Tod des Arbeitnehmers zugewiesen ist.

 Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. Januar 2019 - 9 AZR 45/16 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 15. Dezember 2015 - 3 Sa 21/15 -

Quellenanagabe: Pressemitteilung Nr. 1/19 des Bundesarbeitsgerichts vom 22.01.2019